1.
Belinda
Schüttle ab die Wolk’ von deinem Haupt,
Wünsche dir das Schicksal stets erlaubt:
Größ’re Macht und Freuden winken,
lächle wie Fortuna dir!
Schüttle ab die Wolk’ von deinem Haupt.
2.
Chor
Bann’ die Sorge, bann’ das Leid,
Gram der Schönheit immer, immer ferne bleib’.
3.
Dido
Ach, ach, Belinda, solche Pein
mich quält, bin damit allein.
Fried’ und ich sind Fremde, fremd einand.
Ich schmachte bis mein Schmerz bekannt,
Doch ahnen darf die Welt ihn nicht.
Fried’ und ich sind fremd einand.
4.
Belinda
Gram wird größer durch Verschweigen.
Dido
Meinen darf ich niemand zeigen.
Belinda
So sprech jetzt ich:
Der Trojer Held
der Kön’gin zartem Herz gefällt.
Zweite Frau
Zu größtem Glück bist du ausersehn:
Karthago zu sichern, lass Troja neu erstehn.
5.
Chor
Wenn Herrscher vereint, wie groß ist ihr Glück,
Sie siegen zugleich über Feind und Geschick.
6.
Dido
Woher soviel Mut entsprang,
Welch’ Sturm, welch’ Schlachten er besang.
Anchises’ Kraft und Venus’ Reiz vereint,
Wie sanft als Freund und doch wie wild als Feind.
Belinda
Die Mär so stark, so fürchterlich
Erweichet Steine wie auch dich.
Zweite Frau
Welch hartes Herz säh’ mitleidslos
Solchen Schmerz, solch Treue groß.
Dido
Da ich Stürme von Sorgen erlebt,
Hat sich das Mitleid stets geregt.
Der Armen Gram mich rührt,
so leicht mein Herze wird bewegt,
doch ach! ich fürcht’, s’ist mehr als ihm gebührt.
7./8.
Belinda, dann Chor
Hab’ kein’ Furcht, dir stößt nichts zu,
Der Held, er liebt, er liebt wie du.
Immer freundlich, immer lächelnd
Und des Lebens Sorg’ vergessend,
Hab’ kein’ Furcht, dir stößt nichts zu,
Der Held, er liebt, er liebt wie du.
Amor streut euch ringsherum
Blumen aus Elysium.
9.
Belinda
Sieh, sieh, dein edler Gast tritt ein,
Welch göttliche Gestalt ist sein!
Äneas
Wann, wann, Königin, trägst du mir auf
Die Sorg’ um dich und deines Reich's Lauf?
Dido
Schicksal hindert dich und mich.
Äneas
Äneas hat kein Los als dich.
Wenn Dido lacht, so halt ich stand
dem schwachen Schlag von Schicksalshand.
10.
Chor
Amor schießt den Pfeil zum Scherz,
Der schrecklich trifft des Kriegers Herz.
Und sie, die schießt mit diesem Pfeil,
Nur sie, nur sie kann bringen Heil.
11.
Äneas
Wenn nicht für mich, so für dein Reich
Dem Liebenden dein Herz erweich’!
Ach, lass’ nicht im Feuer hoffnungslos
Trojas Helden fallen und nochmals untergehn.
12.
Belinda
Nun Liebe, auf zum Sieg,
auf, auf zum Sieg, auf, auf zum Siege!
Ihr Aug’ verrät die Glut,
die ihre Zung’ verneint.
13. Chaconne
14. Chor
Allen Tälern und Höh’n, allen felsigen Gipfeln,
Allen tönenden Schluchten und kühlenden Wipfeln
Macht die Siege von Liebe und Schönheit nun kund.
Auf, auf, Amors Scharen, das ist Euer Tag!
15. Siegestanz
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„Shake“ wird musikalisch dargestellt, deshalb ist das Wort „Lass“ bei [9] nicht passend.
Meyer [9] setzt in Takt 7 ein Hilfsverb auf das Melisma für „grief“.
„Fair“ bedeutet bei Shakespeare noch „Glück“, wird aber bei Tate offensichtlich bereits für „Schönheit“ gesetzt.
Hoffmann [10]
Des öfteren wird die Kenntnis der römischen Sage vorausgesetzt (siehe auch R. Savage in [3], S. 259 ff. OUP), was bei der Übersetzung berücksichtigt werden muss.
Landgraf [4].
Im Libretto von 1689 steht „Pity“ (eine ausgestorbene Form von „Piety“), in der späteren Tenbury-Version, der ersten erhaltene Partitur, ist das Wort jedoch in der heutigen Form „piety“ auskomponiert. „Piety“ entspricht offensichtlich „pius Aeneas“ bei Vergil. Das lateinische „pietas“ bedeutet Pflichtgefühl, (zärtliche) Liebe, Dankbarkeit, Vaterlandsliebe (Georges, Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch); das englische „piety“ bedeutet jedoch nach Muret: Gottesfurcht, liebevolles Andenken, kindliche Liebe, Ehrfurcht.
Die wörtliche Übersetzung „Frommer Sinn“ (A. Meyer) wird daher in der heutigen verengten Bedeutung dem Charakter von Aeneas nicht gerecht. Die bis dahin von Aeneas bewiesene Treue (zu Gott, Staat, Vater, Auftrag) ist eine Manifestation des sehr umfassenden Begriffs „piety“, weshalb hier piety mit „Treue“ angenähert wird. Damit wird im übrigen der kommende zentrale Konflikt „Treu den Göttern - treu zu Dido“ klarer vorbereitet als durch das Wort „fromm“. Der Begriff „Treue“ kommt explizit als „true“ im 3. Akt, 2. Szene (Belinda).
Hoffmann [10]
Landgraf [4]
(Das ist das Versprechen, das Äneas bricht!)
Landgraf [4]
Im Original steht "She" statt des eigentlich erwarteten "he". Es kann nur Dido gemeint sein.
engl. „fall“ ist durch eine fallende Tonleiter auskomponiert und muss natürlich genauso wiedergegeben werden (Meyer textet auf diese Tonleiter die Worte „Hoffnungsstrahl, und wieder“).
Faasch [6]. Meyer textet in [9]: „Die Liebe hat gesiegt“. Dies entspricht weder dem Originaltext noch wäre ein Sinneswandel Didos, die schon einen ganzen Akt mit sich kämpft, nun innerhalb eines Taktes nach Aeneas’ Rede darstellbar (11 Takte später kommt „Her eyes confess the flame“– also weiterhin unausgesprochen - vgl. Curtis Price in [3], S. 26). Erst während der Arie Belindas und der folgenden Nummer ist Zeit zu einer mimischen Hinwendung Didos; vereint erscheinen Dido und Aeneas sogar erst in der Jagdszene.
Die Meyer’schen Bildungen „Ja, ja die Liebe“ und „Sie blickt das Feuer“ sind in diesem Zusammenhang ebenfalls unverständlich.
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